Bier – Brauereien und Sorten aus aller Welt

„Bier ist der Beweis dafür, daß Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will.“ – Benjamin Franklin (1706-1790)

Wann das erste Bier gebraut wurde, ist nicht bekannt. Doch dass es im heutigen Nahen Osten geschah, ist höchst wahrscheinlich. Die ältesten Berichte über das Bierbrauen wurden vor über 5.000 Jahren von den Sumerern verfasst, die im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris lebten, einem Gebiet, das heute im Irak liegt. Schon damals gab es verschiedene Biersorten – die Sumerer kannten mindestens 20, von denen jede zu einem entsprechenden Anlass getrunken wurde. Sikaru beispielsweise diente religiösen und medizinischen Zwecken. Zu seiner Herstellung tränkte man Brot aus Emmer-Weizen und Gerste in Flüssigkeit, ließ diese in Tonkrüge rinnen und dort mehrere Tage lang gären. Anschließend wurde die Flüssigkeit mit Honig und Datteln verfeinert. Das so hergestellte Bier war sehr nahrhaft. Seine berauschende Wirkung wurde aber ebenso geschützt. Ein wesentlicher Grund, warum man Bier braute und trank, war aber schlicht und einfach, dass naturbelassenes Wasser oft gesundheitsgefährdend war.

Die Geschichte des Bieres
Nach den Sumerern entwickelten die Ägypter das Brauereiwesen weiter. Sie erfanden eine Methode, Bier in großen Mengen herzustellen, um die Armeen des Pharaos versorgen zu können. Außerdem verfeinerten sie den Prozess des Mälzens. Als sich im 7. und 8. Jahrhundert der Islam im Mittleren Osten verbreitete, kam es zum Niedergang der Bierproduktion. Damals war Bier in Europa jedoch bereits fest etabliert.

Um das 5. Jahrhundert hatten in Europa die Mönche damit begonnen, Bier zu brauen. Die Klöster bauten die Gerste selbst an und verkauften ihre Überproduktion an Bier, um ihre religiöse Gemeinschaft zu finanzieren. Im Lauf der Jahrhunderte entwickelten die Mönche das grundlegende Brauverfahren, das bis heute noch von den kommerziellen Brauereien angewandt wird.

Bis ins 10. Jahrhundert waren alle Biere obergärig, das heißt, die Hefe schwamm während des Gärprozesses auf dem Bier. Ab etwa 1530 begannen die Mönche in Bayern, das gärende Bier tief unter der Erde in kühlen Kellern zu lagern. So konnten sie auch im Sommer Bier brauen. Hohe Temperaturen machen den Gärprozess nämlich unkontrollierbar. Die kühle Lagerung hatte eine entscheidende Auswirkung auf die Hefe – sie sank nun zu Boden und fermentierte wesentlich langsamer. Dieses Bier konnte viel länger gelagert werden. Das Verfahren nannte man dann auch „Lagern“ – daher die Bezeichnung „Lager“, die in vielen englischsprachigen Ländern für eine bestimmte Biersorte verwendet wird.

Außerhalb der Klöster brauten vor allem Gast- und Landwirte Bier, allerdings nur in kleinen Mengen. War jemand darin erfolgreich, zog er Besucher an. So entstanden viele Gaststätten mit angeschlossener Gasthausbrauerei. In manchen Familien bildete sich eine regelrechte Brautradition heraus und im 14. Jahrhundert entstanden die ersten kommerziellen Brauereien.

Weil Bier massig war und sich nur schwer transponieren ließ, verkaufte man es am Standort der Brauerei. Die Rohstoffe wurden jedoch oft von weit her beschafft. Erst mit dem Entstehen der Eisenbahn ab 1840 und im Zuge der Industrialisierung konnte man Bier in großen Mengen transportieren. Der wissenschaftliche und technische Fortschritt führten zu einer zunehmenden Automatisierung und Mechanisierung im Brauwesen, wodurch die Brauer die Produktion erheblich steigern konnten. Bierbrauen wurde nun zu einem bedeutenden Industriezweig und manche Brauereien entwickelten sich zu international operierenden Unternehmen.

Die letzte große Änderung in der Kunst des Bierbrauens erfolgte Mitte des 19. Jahrhunderts. Bis dahin waren alle Biere dunkelbraun oder bernsteinrot und eher trüb. Dann entdeckte 1842 ein Brauer namens Joseph Groll in der böhmischen Stadt Plzeñ ein Verfahren zur Herstellung kristallklarer goldfarbener Lagerbiere. Seine Entdeckung war wahrscheinlich eher eine Art Betriebsunfall. Sie war das Ergebnis einer Zufallskombination von Malz, Wasser und ganz bestimmten Umweltbedingungen. Dass sein kristallklares Bier einen weltweilen Siegeszug antrat, ist sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass es in Böhmen damals auch eine bedeutende Glasindustrie gab. Wurde Bier meistens aus Stein-. Metall- oder Tonkrügen getrunken, so kam Grolls neues kristallklares Bier in böhmischen Gläsern ideal zur Geltung.

Um 1870 wurde die mechanische Kühlung erfunden, sodass man Bier nicht nur länger frisch halten, sondern auch gekühlt servieren konnte, was Bier zu einem perfekten Erfrischungsgetränk an warmen Sommertagen machte.

Wasser – der Grundstoff
Bier besteht zu etwa 90 Prozent aus Wasser. Daher ist es wenig überraschend, dass der Mineralstoffgehalt des verwendeten Wassers großen Einfluss auf den Geschmack des Bieres hat. So ist das weiche Wasser der tschechischen Stadt Plzeñ ideal für die berühmten goldfarbenen Lagerbiere, auch Pilsener genannt, während das harte schwefelreiche Wasser des englischen Flusses Trent die hellen Ales, für die die Stadt Burton-upon-Trent berühmt ist, entscheidend prägt.

Malz – die Seele
Verschiedenste Getreidesorten werden zur Bierherstellung verwendet, wie Weizen, Roggen, Mais und Hafer. Alle haben eine gemeinsame Eigenschaft, nämlich, dass die rohen Körner nicht ausreichend fermentieren, sodass sie zunächst gemalzt werden müssen. Gerste wird von den Brauern bevorzugt, weil sie am einfachsten zu mälzen ist und eine größere Menge an Gärzuckern produziert. Sie wird zu Malz, indem man die Körner zwei bis drei Tage lang in Wasser einweicht, bis sie zu keimen beginnen. Dann werden sie in einem Keimkasten ausgebreitet, wo sie drei bis fünf Tage weiterkeimen. Nun verwandelt sich die Stärke in den Getreidekörnern in die für das Brauen so wichtigen Gärzucker. Der Keimprozess wird dann gestoppt, indem die Körner in einer Darre erhitzt werden.

Die Höhe der Temperatur und die Länge der Darrzeit entscheiden über Farbe und Geschmack des Malzes, was wieder Einfluss auf Farbe und Geschmack des Bieres hat. Helles Malz ist am meisten verbreitet, da es sich für alle Biersorten eignet. Bernsteinfarbene und braune Malze entstehen, indem die Gerste bei höheren Temperaturen gedarrt wird. Dadurch erhält das Bier eine kupferrote Farbe. Das dunklere und geschmacklich komplexere Schokoladenmalz wird noch länger gedarrt. Die längste Darrzeit hat das Schwarzmalz mit seinem kräftigen Bittergeschmack. Die meisten Malze werden hergestellt, indem die Temperatur über mehrere Stunden schrittweise erhöht wird. Zur Herstellung von Kristallmalzen – sie sorgen für einen volleren und süßeren Geschmack – werden die Körner aber fast sofort hohen Temperaturen ausgesetzt.

Hopfen für Haltbarkeit und Würze
Hopfen wird erstmals in klösterlichen Aufzeichnungen aus dem 8. Jahrhundert nach Christus als Zutat von Bier erwähnt. Schon damals wussten die Mönche um die konservierenden Eigenschaften des Hopfens, doch war er wegen seines bitteren Geschmacks zunächst nicht beliebt. Er enthält ein harziges Öl namens Lupulin, das sowohl für Haltbarkeit wie auch für das Bittere sorgt. Bevor man Hopfen verwendete, erfüllten verschiedene Würzmischungen diese Funktion, wie etwa Grut, eine Mischung aus Kräutern und Gewürzen. Aber die Biertrinker fanden mit der Zeit Gefallen am bitteren Hopfen, und so setzte er sich durch, obwohl die Obrigkeit mancherorts versuchte, den Hopfenanbau zu untersagen – so der Erzbischof von Köln, der ein Monopol auf die Herstellung von Kräutern besaß, mit denen Bier gewürzt wurde. Gehopftes Bier kam erstmals um 1400 in England auf. Auch hier sorgte der Hopfen zunächst für Probleme, da die englischen Brauer um ihre Existenzen fürchteten. Um 1600 hatte sich die Verwendung von Hopfen in Europa jedoch durchgesetzt und heute haben zahlreiche Biersorten ihre feinen Unterschiede in Aroma und Geschmack den unterschiedlichen Hopfensorten zu verdanken.

Hefe – der Katalysator
Die ersten Brauer wussten nichts von Hefepilzen und selbst die Mönche im Mittelalter hatten nur eine sehr vage Vorstellung davon. Sie schrieben ihre Wirkung einer Art göttlichen Einwirkens zu, die sie „Gottesgut“ nannten. 1685 beobachtete der holländische Wissenschaftler van Leeuwenhoek erstmals Hefe in Bier, aber ihre Wirkung wurde erst 1871 grundlegend durch den berühmten Wissenschaftler Louis Pasteur erklärt.

Pasteur beobachtete, dass Hefe den im Sud gelösten Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure umwandelt. Werden die Braubedingungen nicht sorgfältig kontrolliert, verhält sich die Hefe willkürlich und ruiniert das Bier. Pasteur konnte viele Probleme, mit denen die Brauer beim Bierbrauen konfrontiert waren, erklären. Seine Arbeit veranlasste den dänischen Brauer J. C. Jacobsen von der Brauerei Carlsberg in Kopenhagen, ein Labor einzurichten, in dem Bierhefe-Reinkulturen gezüchtet wurden. Aber Hefe löst nicht nur die Gärung aus. sondern beeinflusst auch den Geschmack des Bieres. Daher verwenden viele Brauer eine Mischung aus verschiedenen Hefesträngen, während die belgischen Lambic-Brauer sich bei der Gärung auf die wilden Hefepilze in der Luft verlassen.

Weitere Zutaten
Es gibt unendlich viele Variationen des Grundrezepts zur Bierherstellung, bei denen alle Arien von Zutaten verwendet werden. Manche Zutaten werden als „Zusätze“ angesehen, die als billiger Ersatz für Gerstenmalz verwendet werden, vor allem bei industriellen Lagerbieren. Verbreitet sind Zucker, Reis, Mais, Maissirup und Malzextrakte. Getreide wie Weizen und Hafer gehören einfach in traditionelle Biersorten und wieder andere Zutaten verbessern tatsächlich den Geschmack. Dazu zählen Kräuter und Gewürze wie Wacholder, Koriander, Ingwer sowie Orangen- und Zitronenschalen. Der Gebrauch von Honig in Bier ist eine jahrhundertealte Tradition. Eine schottische Brauerei würzt ihr Bier sogar mit Heidekraut.

Das Bierbrauen
Der Schlüssel beim Brauen ist die Umwandlung von Zucker in Alkohol durch Gärung. Obwohl die Sumerer die Gärprozesse nicht verstanden, wandten sie bereits dasselbe Grundverfahren an wie moderne Hightech-Brauereien, die gewaltige Mengen Bier produzieren.

Das erste Studium des Brauens ist die Maische. Hier wird das Malz in Wasser gekocht, bis es sich in einen Brei verwandelt, wobei dem Malz der Gärzucker entzogen wird. Man unterscheidet zwei Verfahren: die Infusion, bei der die Temperatur stufenweise angehoben wird und der Zucker sich einfach auflöst, und die aufwendigere Dekoktion, zu der zwei Behälter nötig sind. Im ersten Behälter befindet sich die Hauptmaische; im zweiten, der Maischepfanne, werden Teile der Hauptmaische auf eine bestimmte Temperatur erhitzt und der Hauptmaische wieder hinzugefügt. Dies wird so oft wiederholt, bis die Hauptmaische die gewünschte Temperatur hat. Dabei wird bei unterschiedlichen Temperaturen so viel Zucker wie möglich extrahiert.

Die Flüssigkeit, die nach dem Maischen entzogen wird, heißt Würze. Diese wird nun mehrere Stunden in einem Braukessel erhitzt. Wird Hopfen zu Beginn zugegeben, erhält das Bier Bittere, wird er gegen Ende zugefügt, bekommt es Aroma. Der verbrauchte Hopfen wird mit einem Filter, dem Hopfenseiher, entfernt und die Würze wird gekühlt, bevor sie in die Gärtanks kommt. Jetzt wird die Hefe zugesetzt und die Gärung setzt ein.

Nach der ersten Gärphase ist das so genannte Jung- oder Grünbier entstanden. Dieses wird in Tanks einer zweiten, sanfteren Gärung unterzogen, was gewöhnlich bei niedrigeren Temperaturen geschieht, damit das Bier seinen endgültigen Charakter entwickeln kann.

Nach der Gärung werden die meisten Biere gefiltert und pasteurisiert. Manche in „Flaschengärung“ hergestellten Biere werden jedoch noch mit aktiver Hefe in Holzfässern oder Flaschen gelagert und reifen weiter, bis sie schließlich in den Ausschank kommen.

Nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 dürfen zum Bierbrauen nur Hopfen, Malz und Wasser eingesetzt werden. Damals wurde die Hefe in diesem Zusammenhang noch nicht erwähnt. Sie ist heutzutage aber die „vierte Zutat“ bei der Herstellung.

Obwohl das Grundverfahren für alle Biere nahezu gleich ist, gibt es fast unendlich viele Biersorten – kein Wunder angesichts der endlosen Variationsmöglichkeiten in den Verhältnissen der Zutaten zueinander, den zahlreichen Wasser-, Malz-, Hefe- und Hopfenarten, ganz zu schweigen von den Gewürzen und Zusätzen sowie den verschiedenen Braubedingungen. Die große Vielfalt bietet für jeden Gaumen und für jeden Anlass etwas – vom Durstlöscher für heiße Sommertage bis zu starkem, dunklem Bier für ein winterliches Festmahl.

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Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Lennart Hofstätter aus Sonthofen in Bayern.
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