Manche mögen’s kühl – Die Frage des Tages

Ebenso wie beispielsweise Schellfische, Heringe, Makrelen, Schollen und Seezungen gehören Kabeljaue zu den Fischen, die für die menschliche Ernährung eine große Rolle spielen. Entsprechend groß ist das Interesse von Forschern, Erkenntnisse über die Entwicklung der Bestände zu sammeln. Nach Angaben des Thünen-Instituts ist der Kabeljaubestand in der Nordsee von den 1970er-Jahren bis 2006 stetig zurückgegangen. Seither ist eine leichte Verbesserung zu beobachten. Wissenschaftler machen sich trotzdem große Sorgen um den Kabeljau. Warum?

Antwort: Wie sein Verwandter, der im Nordatlantik heimische Polardorsch (Boreogadus saida), kann sich der Kabeljau (Gadus morhua) nur in kaltem Wasser vermehren. Nach Angaben des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts laicht der Kabeljau bei Temperaturen zwischen drei und sieben Grad Celsius, der Polardorsch bei Temperaturen zwischen null und 1,5 Grad. Polardorsche können höchstens eine Länge von etwa 40 Zentimetern erreichen und sind damit wesentlich kleiner als Kabeljaue, die bis zu eineinhalb Meter lang werden können. Wie die Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut bei Experimenten herausgefunden haben, führt bei beiden Fischarten schon eine geringe Temperaturerhöhung dazu, dass die befruchteten Eier absterben. Wie sich zeigt, reagieren die Embryonen vor allem in einer frühen Phase ihrer Entwicklung empfindlich. Aufgrund des Klimawandels rechnen Wissenschaftler damit, dass sich die Wassertemperaturen weiter erhöhen werden.

Nach Angaben des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) ist die Wassertemperatur in den oberen 75 Metern des Meeres von 1971 bis 2010 im globalen Mittel um 0,11 Grad Celsius pro Jahrzehnt gestiegen. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts haben bereits vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass sich die Nordsee deutlich stärker erwärme. Seit den 1960er-Jahren habe sich die Wassertemperatur um 1,7 Grad erhöht. Im Sommer werden in manchen Bereichen der Nordsee Temperaturen von bis zu 25 Grad gemessen. Der Kabeljau kommt Fachleuten zufolge mit Temperaturen von bis zu 20 Grad zurecht. Schon vor Jahren hieß es aus dem Alfred-Wegener-Institut, dass er weiter nach Norden wandere und vermehrt in den Gewässern um Spitzbergen auftauche.

Stress entsteht für die Fische nach Darstellung der Meeresökologen nicht nur infolge der erhöhten Temperatur, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass sich der Säuregrad des Wassers verändert. Letzteres ist eine Folge davon, dass die Menge des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre zugenommen hat. Ein großer Teil wird vom Meer aufgenommen. Dort wird das Kohlendioxid gelöst und führt zur Bildung von Kohlensäure.

Die Meeresökologen haben sich bei ihren Experimenten auf die Entwicklung der Embryonen bis zum Schlüpfen der wenige Millimeter großen Larven konzentriert. Wie sich herausstellte, bereiten nicht nur erhöhte Temperaturen Probleme, sondern auch die Veränderung des Säuregrads. Selbst bei optimalen Temperaturen kann die Zahl der sterbenden Embryonen bei einer solchen Veränderung stark zunehmen. Eine Besonderheit der Arbeit der Forscher besteht darin, dass sie ihre Erkenntnisse über die Empfindlichkeit der Embryonen mit Klimamodellen verknüpft haben, das heißt mit Computerberechnungen, die zeigen, wie sich die Verhältnisse im Meer entwickeln könnten. Sollte der Kohlendioxidausstoß bis zum Ende dieses Jahrhunderts nicht wesentlich verringert werden, würde dies den Forschungsergebnissen zufolge bedeuten, dass der Kabeljaunachwuchs im Nordatlantik zunehmend Probleme bekäme. In den Gewässern vor Island und Norwegen würden bis zu 60 Prozent weniger Larven aus den Eiern schlüpfen, erklären die Meeresökologen. Sie rechnen damit, dass sich der Lebensraum der Fische weiter in Richtung arktische Gewässer verschieben wird. Auch der Polardorsch wird demnach voraussichtlich weiter nach Norden ziehen. Sollte der Polardorschbestand abnehmen, hätte dies laut dem Alfred-Wegener-Institut weitreichende Folgen. In der Arktis lebende Tiere wie Robben, Seevögel und Wale sind auf die Fische als Nahrung angewiesen.

Nach den Worten der Meeresökologen lässt sich trotz der eindeutigen Ergebnisse der Experimente schwer vorhersagen, wie sich die Bestände entwickeln werden. Auch Faktoren wie Meeresströmungen und das Nahrungsangebot für den Fischnachwuchs spielten eine Rolle. Es wird auch darauf hingewiesen, dass wichtige Laichgebiete wahrscheinlich erhalten blieben, wenn es gelingen sollte, den Treibhausgasausstoß schon bald deutlich zu senken.

 

Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Philip Löhrung aus Niebüll in Schleswig-Holstein.
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