Eine Abmachung zwischen Mutter und Tochter lautet, dass die Tochter keine erkennbaren Bilder von sich im Internet veröffentlichen darf. Zum Beispiel beim WhatsApp-Profilbild bekräftigt die Schülerin. Sie versteht das Argument der Eltern, dass es wichtig sei, sich im Internet zu schützen. Jugendmedienschutz ist aus Sicht der Mutter kein Problem, das man nur den Social-Media-Betreibern in die Schuhe schieben kann. Das ist ein flächendeckendes gesellschaftliches Problem, über das mehr gesprochen werden muss.
Das Internet als Gegner ist niemals ein Gegner auf Augenhöhe. Das World Wide Web lässt sich kaum bezähmen, das wissen auch die Jugendschützer. Rassistische, pornografische und gewaltverherrlichende Inhalte sind im Netz leicht zu finden. Je nach Statistik liegen die beiden Pornoseiten XVIDEOS und Pornhub unter den Top zehn der meistbesuchten Internetseiten.
Die heutigen Grundschulkinder kennen kein Leben ohne Smartphone. Die technische Medienkompetenz ist oft größer als die der Eltern. Für junge Menschen stellt es heute keine Schwierigkeit mehr dar, problematische Webseiten zu besuchen.
Gemessen an der Zeit, die Jugendliche täglich online sind – 2,4 Stunden sind es bei den Neun- bis 17-Jährigen laut einer Studie des Hamburger Leibniz-Instituts für Medienforschung – ist es nicht verwunderlich, dass Eltern besorgt sind. Über das Video-Portal TikTok können Kinder und Jugendliche auf ihrem Smartphone ungefiltert im Sekundentakt neue Videos anschauen. Genauso können eigene Videos jederzeit einem Millionenpublikum präsentiert werden. Wer weiß schon, dass das Profil auch auf privat eingestellt werden kann. Eltern sollten das wissen! Es muss immer wieder dazu geraten werden: ,Liebe Eltern, bleibt neugierig! Interessiert Euch mehr für die Mediennutzung Eurer Kinder!‘
Eltern haben mehrere Möglichkeiten
Es ist nicht einfach für Eltern, die nicht mit der Digitalisierung groß geworden sind. Doch mittlerweile gibt es ein breites Unterstützungsangebot. Für sehr junge Kinder ist es sinnvoll, eine Kindersuchmaschine einzurichten wie zum Beispiel ‚Blinde Kuh‘ oder ‚fragFINN‘. Sie bieten einen geschützten Raum, in dem viel weniger Vorschläge als bei Google & Co angezeigt werden. Die Kinder kommen nur äußerst selten auf problematische Seiten.
Bei älteren Kindern ist es sinnvoll, dass die Eltern Jugendschutzeinstellungen auf den Geräten ihrer Kinder vornehmen. Zum Beispiel kann eingestellt werden, dass nur Apps mit einer bestimmten Altersbeschränkung heruntergeladen oder dass App-Käufe verboten werden. Mittlerweile gibt es auch ein kinderfreundliches YouTube. Auch bei Streamingdiensten wie NETFLIX oder Sky können extra Kinderzugänge erstellt werden. Ähnliches gilt für Spielekonsolen, bei denen eingestellt werden kann, dass nur Spiele mit einer Altersbeschränkung bis sechs Jahre angezeigt werden dürfen. Um die Fülle an technischen Schutzeinstellungen besser zu überblicken, hat zum Beispiel die Bremische Landesmedienanstalt die Webseite ‚Medien kindersicher‘ (www.medien-kindersicher.de) ins Leben gerufen. Dort werden technische Schutzlösungen für Smartphone, Fernseher oder Gaming-Box anschaulich erklärt.
Die Verantwortung, Kinder vor Gefahren im Netz zu schützen, liegt nicht allein bei den Eltern. Die Bremische Landesmedienanstalt kümmert sich um Zulassungs- und Aufsichtsfragen im privaten Rundfunk. Jugendmedienschutz gehört auch dazu. Sie hat einen gesetzlichen Auftrag. Ein Hauptthema ist, Jugendmedienkompetenz aufzubauen. Kontrollorgane wie die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) prüfen Medieninhalte, beurteilen ein Gefährdungspotenzial und regeln eine öffentliche Verbreitung. Ein weiteres Angebot der Bremischen Landesmedienanstalt ist die Plattform Internet-ABC. Eltern und Lehrer erhalten dort Informationsmaterialien für einen verantwortungsvollen Umgang im Netz. Schulen können sich zudem für das gleichnamige Siegel qualifizieren. Hierfür erhalten die Lehrer Schulungsunterlagen, mit denen sie Schülern die Basiskompetenzen für den Einstieg ins Netz vermitteln können. Das wird in den Grundschulen thematisiert, aber auch in der fünften Klasse.
Viele Plattformen und Internetseiten verfügen bereits über Alterskontrollen. Es gibt sie auf Streaming-Plattformen wie Sky oder Waipu.Tv in Form von Jugendsehutz-Pins. Sexualisierte und gewaltverherrlichende Inhalte können dort nur angeschaut werden, wenn zuvor das Alter mit dem Personalausweis verifiziert wurde. Ein anderes Beispiel sind Bordellseiten, die häufig nur mit einer Volljährigkeitsprüfung, die an einen Identitätscheck gekoppelt ist, besucht werden dürfen.
Eigentlich müsste bei der Verantwortungsfrage schon früher angesetzt werden – beim Produkthersteller selbst. Das Problem ist, dass keine kindersicheren Geräte verkauft werden, die freigeschaltet werden müssen, sondern man bekommt ein offenes Gerät und man muss selber einstellen, was man möchte und was nicht.
Gleichwohl bleibt Medienkompetenz für Kinder wie für Eltern unerlässlich. Auch die Schulen spielen eine wichtige Rolle. Jugendmedienschutz muss thematisiert werden, zu Hause, in der Schule oder im Jugendzentrum. Jugendmedienschutz ist ein komplexes Zusammenspiel aus Technik, Anbietern und Gesetzen. Hilfsangebote werden zwar mehr, aber technische Vorkehrungen, egal wie gut sie sind, funktionieren nur, wenn sie auch umgesetzt werden. Und das müssen meistens die Eltern tun, zumindest was den Freizeitgebrauch angeht.
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