Hochspannung am Himmel – ein Natur-Ratgeber

Wenn sich am Himmel dunkle Wolken auftürmen und Blitze die schwarze Nacht durchzucken bzw. der Donner die Ohren betäubt, dann sind Gewitterjäger in ihrem Element. Sie legen jedes Jahr tausende Kilometer zurück, um Wetterspektakel zu fotografieren und meteorologische Daten zu sammeln. Mit Kameras, Radargeräten und Echtzeitdaten ziehen sie los, wann immer sich etwas Größeres zusammenbraut. Gewitter ziehen die Gewitterjäger magisch an, ihre Urgewalt, Dynamik und Ästhetik empfinden sie einfach beeindruckend und schwärmen von Wolkenstrukturen und Blitzverästelungen.

Was die Gewitterjäger fasziniert, galt einst als Zeichen göttlichen Zorns. In der römischen Mythologie etwa schleuderte Jupiter Blitze zur Erde, bei den Germanen schwang der Gott Thor den Gewitterhammer. Nach 250 Jahren Gewitterforschung blieb von den Legenden sehr wenig übrig. Unwetter gelten heute als gut erforschtes Phänomen. Rätsel gibt ihre Entstehung allerdings selbst Wissenschaftlern noch immer auf. Denn die physikalischen Phänomene sind äußerst komplex.

Bekannt sind die wichtigsten Zutaten für ein Donnerwetter: große Temperaturunterschiede in der Atmosphäre sowie feuchte Luft in Bodennähe. Durch starke Auf- und Abwinde in der Wolke reiben sich Eiskristalle und Wassertropfen aneinander, das baut Spannung auf. Entlädt sie sich schlagartig, blitzt es. Direkt am Blitz wird die Luft bis zu 30.000 Grad heiß. Die Druckwelle nehmen wir als Donner wahr.

Wenig geändert hat das Wissen an der Angst, die Unwetter auslösen. Tobt die Natur, suchen die meisten instinktiv Schutz – aus gutem Grund. Wenn ein Mensch vom Blitz erwischt wird, schießen bis zu 40.000 Ampere und 100 Millionen Volt durch seinen Körper. Zum Vergleich: Strom aus der Steckdose hat etwa 16 Ampere und 230 Volt.

Schlägt ein Blitz direkt in den Körper ein, ist die Überlebenschance gering. Die wenigsten werden aber direkt getroffen. Meist springt der Strom von Bäumen, Masten oder anderen Menschen auf sie über.

Der Stromschlag führt dazu, dass das Herz stolpert. Das Trommelfell kann platzen, das Rückenmark streikt. Die Betroffenen sind häufig kurzzeitig gelähmt, verlieren das Bewusstsein. Es stehen einem regelrecht die Haare zu Berge. Man hat einen unglaublichen Druck auf dem Herzen und es bleibt einem die Luft weg.

Vor allem die Nerven und das elektrische Reizleitungssystem des Herzens leiden. Hinzu kommen oft Verbrennungen. Trotzdem überleben in Deutschland mehr als zwei Drittel der jährlich 200 Blitzopfer die immensen Kräfte. Drei Viertel davon leiden aber an Spätfolgen. Meist sind das neurologische Beschwerden wie Lähmungen, erhöhte Schmerzempfindlichkeit und epileptische Anfälle. Auch Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen können auftreten.

Die Zahl der Betroffenen ging deutlich zurück. Noch im 19. Jahrhundert, lange vor Blitzableitern und Büroarbeit, starben viermal so viele Menschen durch Blitze wie heute. Anfälliger geworden ist aber unsere moderne Technik und Infrastruktur. Die volkswirtschaftlichen Schäden durch Gewitter gehen jedes Jahr in die Millionen Euro, so die Experten von Nowcast. Die Münchner Firma Nowcast ortet auf der ganzen Welt Blitze in Echtzeit und nutzt dafür eine Technik, die aus einem Forschungsprojekt hervorgegangen ist

Kupfer-Antennen melden Blitze

In Deutschland wurde dazu eigens ein Netz aus Kupfer-Antennen errichtet. Blitze erzeugen elektromagnetische Wellen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Die Messstationen berechnen bis zu 75 Meter genau, wo sich eine Gewitterzeile befindet. Die Ergebnisse nützen zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst, die Bahn, Flughäfen, Energieversorger, das Militär und sogar Festival-Veranstalter.

Im Schnitt toben weltweit etwa 3.000 Gewitter gleichzeitig und jede Sekunde zucken mehr als 100 Blitze durch die Luft. Jährlich schlagen in Deutschland rund 600.000 Blitze ein. Im internationalen Vergleich erscheint das wenig. Die Rekordregionen liegen eher in den Tropen, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Besonders häufig schlagen Blitze im Kahuzi-Biega-Nationalpark im Kongo ein.

Sich von einem Gewitter überraschen zu lassen ist nirgendwo auf der Welt eine gute Idee. Der sicherste Ort sind dann Autos und Häuser mit Blitzableitern. Wer bei einer Wanderung oder beim Zelten von einem Unwetter überrascht wird, sollte überholte Ratschläge auf jeden Fall ignorieren. Buchen zu suchen und vor Eichen zu weichen ist beispielsweise kein guter Tipp. Blitze machen keinen Unterschied zwischen den Bäumen. Ebenso nützt es nichts, sich flach auf den Boden zu legen. Wer das tut, bietet dem Strom nur mehr Angriffsfläche. Besser ist es, sich eine Mulde im Boden suchen und dort in die Hocke zu gehen und die Füße dicht nebeneinander stellen.

Es ist wichtig, nicht der höchste Punkt auf dem Gelände zu sein und Abstand zu diesen Punkten zu halten. Als Faustregel gilt: zehn Meter Abstand zu Bäumen oder Strommasten halten, drei zu anderen Menschen.

Wer wissen will, wie weit ein Gewitter noch weg ist, kann die Sekunden zwischen Blitz und Donner zählen und das Ergebnis durch drei teilen. So erhält man die aktuelle Entfernung des Gewitters in Kilometern. Da sich Unwetter oft mit weit über 100 Kilometern pro Stunde fortbewegen, ist die Zeit aber auch bei größerer Entfernung knapp. Erhöhte Gefahr besteht generell auf dem Wasser, in den Bergen und auf freiem Feld.

Das musste auch ein bekannter Gewitterjäger erfahren. Auf einem Feld hätte es ihn vergangenes Jahr fast erwischt. In seiner unmittelbaren Nähe schlug ein Blitz ein. Als er in dieser Nacht nach Hause fuhr, fühlte sich selbst der adrenalinerprobte Fotograf ein wenig zittrig.

 

Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Roland Schafstall aus Osterwieck in Sachsen-Anhalt.
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