Gab es im Mittelalter Mobilität? – Die Frage des Tages

Mit dem Flugzeug lassen sich in wenigen Stunden tausende Kilometer zurücklegen, mit dem Auto hunderte. Heutzutage ist es für Menschen ein Leichtes, in kurzer Zeit von einem Ort zu einem anderen, von einem Land in ein anderes zu gelangen.

Das Schlagwort dafür lautet Mobilität. Die Menschen früherer Zeiten, etwa des Mittelalters, hatten nur die Möglichkeit, Schiffe zu nutzen, zu Fuß zu gehen, zu reiten oder mit Wagen zu reisen, die von Tieren gezogen wurden. Bis ins 19. Jahrhundert hinein arbeitete die Mehrzahl der Menschen in der Landwirtschaft. Bedeutet das auch, dass sie kaum mobil waren und dass sie fast immer an einem Ort blieben? Gab es zum Beispiel im Mittelalter eine räumliche Beweglichkeit, die zumindest vom Prinzip her mit der heutigen Mobilität vergleichbar ist?

Antwort: Die Menschen des Mittelalters waren mobiler, als oft vermutet wird. Ein Beispiel für die Mobilität im Mittelalter bietet der Hof des im Jahr 800 zum Kaiser gekrönten Karls des Großen in Aachen. Wie der Geschichtsprofessor Johannes Fried von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main erklärt, der eine Biografie über Karl den Großen geschrieben hat, strömten Gelehrte aus aller Herren Länder an den Hof des Herrschers, der für seine Wissbegier und seinen Reformeifer bekannt war. Zu den herausragenden Gelehrten gehörten zum Beispiel der Angelsachse Alkuin und der Westgote Theodulf. Im Laufe des Mittelalters setzte sich zudem die Praxis durch, dass junge Menschen zum Studieren in die Fremde zogen. Zu Hochburgen der Bildung wurden unter anderem Bologna, Padua, Neapel, Salamanca, Paris, Montpellier, Prag, Wien und Heidelberg. Als erste Universität in Mitteleuropa gilt die 1348 gegründete Universität Prag.

Auf Wanderschaft begaben sich aber nicht nur Gelehrte und Studenten, sondern auch Kaufleute, Pilger, Kreuzfahrer, Bettler, Gaukler, Sänger und Spielleute. Hinzu kam, dass die Vermehrung der Bevölkerung dazu führte, dass viele Menschen andernorts ein Auskommen suchten. Es kam zu ausgeprägten Wanderbewegungen. Menschen aus Gebieten im Westen des heutigen Deutschlands zogen in Regionen östlich der Elbe, Franzosen in den Vorderen Orient, Normannen nach Süditalien. Ohne die technischen Möglichkeiten der heutigen Welt waren Herrscher, die ihre Herrschaft sichern wollten, darauf angewiesen, persönliche Kontakte zu pflegen. Historiker verwenden deshalb im Zusammenhang mit dem Mittelalter auch den Begriff „Personenverbandsstaat“. Herrscher kamen nicht umhin, viel zu reisen.

 

Ein Beitrag unserer/s Leserin/s Sarah Filzer aus Greiz in Thüringen.
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